Drei Wochen nach meiner Rückkehr aus Nepal war es an der Zeit, mich langsam wieder an das Leben zu Hause in Österreich zu gewöhnen. Es war ein richtig schwerer Abschied gewesen, da ich die Gruppe im Hostel schon nach noch nicht einmal einem Monat als richtig gute Freunde angesehen habe. Tess, eine australische Volontärin, Khai, den ich glücklicherweise endlich in real kennenlernen durfte, und ich gaben ein tolles und harmonisches Team ab.
Aber nicht nur der Abschied von den sehr geschätzten neu gewonnenen Freunden war schwierig. Einige einheimische Bekanntschaften aus meinem ersten Aufenthalt in Nepal entwickelten sich durch den zweiten Besuch zu richtigen Freundschaften. Zudem kamen neue Bekanntschaften hinzu. Von ihnen allen Abschied zu nehmen, war hart.
Und dann vermisste ich natürlich die Kinder von der Behindertenschule auf Anhieb. Doch auch die Waisenkinder des Buddhist Child Home und die Kinder der Snowland Schule, zu denen ich sehr schnell einen Draht gefunden habe, machten den Abschied schwerer.
Ebenso die unzähligen Menschen, die mir auf meinen alltäglichen Wegen den Tag so viel wertvoller machten und mich Zuhause fühlen ließen, verabschiedete ich in meinen Gedanken.
Mit all den Menschen, die ich in meinem Herzen trage, wurde es plötzlich furchtbar schwer, als mich am 25. April die Nachricht des Erdbebens erreichte.
Ich fuhr gerade mit dem Auto, als mich Daria – eine gute Freundin von Khai – fragte, ob ich denn wüsste, wie es unseren Freunden in Kathmandu ginge. Ich war unbekümmert und erklärte ihr, dass ich vor 8 Stunden noch von ihnen gehört hatte und ich daher denke, dass alles in Lot sei.
Daraufhin klärte Daria mich über das verheerende Erdbeben in Nepal auf. Ich drehte das Radio auf und hörte sofort darüber. Ich blieb stehen, um nach mehr Informationen im Internet zu suchen und fand auf Anhieb Fotos von dem zerstörten Durbar Square. Plötzlich realisierte ich das Ausmaß des Bebens – mir blieb der Atem weg.
Das Gefühl, das in dem Moment über mich kam, kann ich nicht in Worte fassen, noch immer kommen mir die Tränen!
Ich zitterte am ganzen Körper, war unfähig, weiter zu fahren und blieb also für die nächsten eineinhalb Stunden heulend im Auto sitzen. Verzweifelt versuchte ich, Khai und Tess telefonisch zu erreichen, kam aber nicht durch. Dann hörte ich plötzlich ein Läuten, doch niemand meldete sich am anderen Ende – in diesem Moment spielten sich unbeschreibliche Szenarien in meinem Kopf ab. Ich versuchte, sie zu verdrängen und probierte es weiter, bis ich die erlösende Nachricht von Tess bekam, dass sie sich in Sicherheit befanden. Ich konnte es nicht fassen, mein Herz fühlte sich abrupt um ein Stück leichter an! Daria und ich blieben die nächsten Tage im engen Kontakt, um uns gegenseitig, und auch die Familienangehörigen unserer Freunde, am Laufenden zu halten und die spärlichen Informationen zu teilen.
Natürlich waren die zwei Tage für mich eine unglaubliche Qual gewesen – ich war das reinste Nervenbündel. Ich wusste nicht, wie es den Kindern in „meiner“ Behindertenschule erging. Ich wusste nicht, wie es den anderen ca. 200 Kindern erging, die ich kennenlernen durfte. Ich wusste nichts über meine einheimischen Freunde, deren Familien sowie allen anderen Bekannten. Ich wusste noch nicht einmal, ob das Hostel noch stand…
Es waren tausende Gedanken, die mich in den Tagen nach dem Beben begleiteten. Nach und nach kamen die erlösenden Nachrichten, dass es allen gut geht.
Zuhause bekomme ich ständig zu hören, wie dankbar alle seien, dass ich mich zum Zeitpunkt des Erdbebens nicht in Nepal befinde. Ich selbst, bin mir nicht sicher, wo ich lieber gewesen wäre…
- Lernt Elisabeth doch etwas genauer kennen. Hier stellt sie sich vor.
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